Ob es um Themen wie Lieferketten, Rohstoffe, Steuergerechtigkeit, Klimagerechtigkeitsnetzwerke im Amazonasraum, Pflanzenschutzmittelrückstände oder grüne Gentechnik in Asien geht – sie mischen überall mit. Die Rede ist von den großen kirchlichen Hilfswerken Misereor und Brot für die Welt. Jeder kennt sie, aber kaum jemand weiß, wer sie finanziert und wo ihr Geld konkret hinfließt.
Jahr für Jahr werben die beiden großen kirchlichen Hilfswerke Misereor und Brot für die Welt mit großen Plakataktionen und in Kirchen und Gottesdiensten um Spenden – zumeist in der Adventszeit oder in der Fastenzeit vor Ostern. Zu solchen Jahreszeiten ist die Spendenbereitschaft groß, und wer würde nicht etwas gegen Hunger und bittere Armut tun wollen oder bereit sein, Hilfe bei Katastrophen zu leisten?
Was allerdings kaum jemand weiß: Die Kirchen, die den beiden Hilfswerken moralische Autorität verleihen, tragen nur wenig zu den Budgets der beiden Organisationen bei: 2024 stellte die katholische Kirche dem Bischöflichen Hilfswerk Misereor e. V., dem weltweit größten katholischen Entwicklungshilfswerk, gerade einmal 6,8 Mio. Euro zur Verfügung – weniger als drei Prozent des Jahresetats von 229,9 Mio. Euro. Brot für die Welt, dem Hilfswerk der evangelischen Landeskirchen und Freikirchen in Deutschland und Teil des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung e. V. gaben die Kirchen immerhin 62,7 Mio. Euro und steuerten damit knapp 19 Prozent des Jahresetats von 332 Mio. Euro bei. Spenden und Kollekten machten im gleichen Jahr 73,9 Mio. Euro (22,2 Prozent) bei Brot für die Welt und 62,4 Mio. Euro (27,1 Prozent) bei Misereor aus.
Kirchliche Hilfswerke als halbstaatliche Organisationen
Heißt also zugleich: Der Löwenanteil des Budgets der kirchlichen Hilfswerke stammt aus öffentlichen Mitteln. Bundesregierung und EU geben Jahr für Jahr reichlich. Das Geld kommt aus den regulären Etats verschiedener Ministerien, allen voran dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. 2024 stammten mehr als die Hälfte des Jahresetats von Brot für die Welt und zwei Drittel des Etats von Misereor aus Steuergeldern. In diesem Rahmen bewegen sich die staatlichen Zuschüsse seit Jahrzehnten. Etwa die Hälfte dessen, was die „kirchlichen Hilfswerke“ ausgeben, geht auf Kosten der Steuerzahler. Kontrolle über die Ausgaben hat der Staat jedoch keine.
Die staatliche Unterstützung geht zurück auf ein Abkommen, das 1962 zwischen dem damals neu gegründeten Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ, damals noch ohne den Zusatz „und Entwicklung“) und den Kirchen geschlossen wurde.
In den ersten zehn Jahren ihres Bestehens lag der Fokus der beiden Hilfswerke auf praktischer Hilfe gegen Hunger, Epidemien und Krankheiten, dem Aufbau von Infrastruktur und so weiter. Ab den 80er Jahren agierten die Hilfswerke jedoch mehr und mehr politisch. So unterstützten sie zum Beispiel Menschenrechtsprojekte sowie Projekte für Frieden und Abrüstung, ab den 2000ern folgte der Fokus auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
Linke und grüne Programme
Egal, welche Regierungen am Ruder sind, die beiden Organisationen verfolgen seither nach Kräften eine Agenda, die im Wesentlichen mit Forderungen der Parteien „Die Linke“ und „Die Grünen“ übereinstimmt: Sie lehnen Handelsabkommen wie TTIP und die Globalisierung ab, halten Armut für ein Problem von ungleicher Verteilung und nicht von Wachstumsmangel und sehen Fehlentwicklungen in Afrika und Asien in erster Linie nicht als Folge korrupter Regierungen, sondern machen den Kapitalismus und den Kolonialismus als Ursache aus. Sie fordern und fördern die kleinteilige, kleinbäuerliche Subsistenzwirtschaft, propagieren Biolandbau als Methode der Wahl in Entwicklungsländern, prangern den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Mineraldünger an und warnen vor Gentechnik in Nahrungsmitteln. Sie wenden sich gegen die Verwendung fossiler Ressourcen und sogar gegen den „Extraktivismus“, also den Abbau von Rohstoffen. Stattdessen soll eine „Rohstoffwende“ den Verbrauch senken: „eine drastische Verminderung der Anzahl von Autos“ und „eine Absenkung des Energieverbrauchs“, vor allem in den Industrieländern.
Selbstverständlich lehnen beide Organisationen die Kernenergie grundsätzlich ab und fordern einen schnellstmöglichen Ausstieg weltweit. Im Kontext von Klimaschutz und Entwicklung verletze die Atomkraft das Gerechtigkeitsprinzip, da sie langfristige Risiken (z. B. Atommülllagerung) auf zukünftige Generationen abwälze und den Übergang zu alternativen Energieerzeugungsformen behindere.
Auch die Chemie- und Pharmaindustrie wird regelmäßig angegriffen. Die Patentierung von Arzneimitteln und Impfstoffen ist den beiden Organisationen ebenso ein Dorn im Auge wie die Herstellung und der Export von Pflanzenschutzmitteln.
Radikal links – staatlich finanziert
Berührungsängste gibt es dabei keine. Beispiel Landwirtschaft: In einer gemeinsamen Broschüre mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der Parteistiftung der Partei „Die Linke“, wird beispielsweise unter Berufung auf die indische Aktivistin Vandana Shiva geschrieben, die Grüne Revolution sei ein Mythos. Sie habe gar keine Erfolge erzielt und Hybridsaatgut, Pflanzenschutz- und Düngemittel hätten keinen messbaren Einfluss auf die Ernten gehabt. Im Dezember 2023 forderte Misereor gar die Bundesregierung auf, Kleinbauern des globalen Südens nicht mehr mit „Kunstdünger“ zu unterstützen. Zur Erinnerung: Der als „Kunstdünger“ geschmähte Mineraldünger ist eine der wichtigste Erfindungen der Menschheit und hat Milliarden von Menschen eine sichere Ernährung ermöglicht.
Mitbeteiligt: Deutsche NGOs wie das INKOTA-Netzwerk e. V., FIAN (Food First Informations- & Aktions-Netzwerk) Deutschland e.V., das Forum Umwelt und Entwicklung des Deutschen Naturschutzring e.V. (DNR) sowie mehrere afrikanische NGOs, die wiederum von den bischöflichen Hilfswerken und der grünen Parteistiftung Heinrich Böll-Stiftung gefördert werden.

INKOTA wiederum erhielt 2024 85 Prozent und 2023 86 Prozent seines Jahresbudgets aus dem öffentlichen Haushalt; FIAN Deutschland wird von Misereor und Brot für die Welt ko-finanziert und erhält daneben noch Zuschüsse der Stadt Köln sowie der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW. Auch das an dem Bericht beteiligte Forum Umwelt und Entwicklung hängt am Tropf öffentlicher Mittel. Es wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz finanziell gefördert. Sein Rechtsträger ist der DNR, der wiederum 16 Prozent seines Haushaltes vom Bund enthält.
Ein anderes Beispiel: Die Broschüre „Gefährliche Pestizide von Bayer und BASF – ein globales Geschäft mit Doppelstandards“. Die Broschüre skandalisiert die banale Tatsache, dass Pestizide, die in der EU aus allen möglichen Gründen nicht zugelassen sind (z.B., weil kein Bedarf für sie besteht), damit in der EU automatisch „verboten“ sind. Und sie blendet aus, dass es in Afrika, Asien und Südamerika Zulassungsbehörden gibt, die manchmal anders entscheiden als die der EU. So sind in Brasilien z.B. Pflanzenschutzmittel „verboten“, die in der EU wiederum zugelassen sind. Auch hier wieder mit im Boot: die Parteistiftung der Linkspartei und das maßgeblich öffentlich geförderte INKOTA-Netzwerk.
Die Förderung von Vandalismus
Besonders stark engagieren sich Brot für die Welt sowie Misereor gegen die konventionelle Landwirtschaft. So sind sie seit 2009 zentrale Träger und Mitinitiatoren des Aktionsbündnisses „Wir haben es satt“, das etwa 60 Organisationen aus den Bereichen Umweltschutz, Tierschutz, Landwirtschaft, Menschenrechte und Entwicklungspolitik umfasst. Beide Hilfswerke tragen maßgeblich zur Finanzierung, Organisation, Lobbyarbeit und zur internationalen Vernetzung bei, da ihre Kernanliegen – mehr Biolandbau, weniger Tierhaltung, keine Gentechnik – nahtlos mit den Zielen des Bündnisses übereinstimmen. Sie übernehmen als Kernpartner etwa 15 Prozent der Koordinationsarbeit und haben dank ihrer Reichweite einen hohen Anteil an der Gesamtmobilisierung zu den Demonstrationen, die jährlich parallel zur „Grünen Woche“ stattfinden.
Beide Organisationen stellen Gentechnik als unverantwortliche Technologie dar, die Landwirte verarmen lässt, sie abhängig von Saatgutkonzernen macht und die Biodiversität gefährdet. Auch Gesundheitsschäden wollen sie nicht ausschließen. Besonders perfide: Sie opponieren dabei sogar gegen das rein humanitäre Projekt zur Entwicklung von Reissorten, die mit Vitamin A angereichert sind („Goldener Reis“).
Diese Sorten könnten dort, wo Reis Grundnahrungsmittel ist, dem gefährlichen Vitamin-A-Mangel vorbeugen, der Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge jährlich weltweit etwa 250.000 bis 500.000 Kinder erblinden lässt, von denen rund die Hälfte innerhalb von 12 Monaten nach dem Verlust des Sehvermögens stirbt. Weil die Verabreichung von Tabletten oder Depotspritzen sich in vielen Regionen als nicht praktikabel erweisen hat, setzt die WHO seit Jahren auf Vitamin A-angereicherte Nutzpflanzen. In Afrika sind Vitamin-A-angereicherte Sorten von Grundnahrungsmitteln wie Süßkartoffeln, Maniok und Mais dementsprechend längst weit verbreitet und haben am dortigen Rückgang des Vitamin A-Mangels entscheidenden Anteil. Sie wurden allerdings auf konventionelle Weise durch Rückkreuzungen mit Vitamin-A-reichen verwandten Wildpflanzen geschaffen. Das ist beim Reis nicht möglich und daher wurde dem Reis im Rahmen eines Stiftungsprojekts zweier Biologen ein entsprechendes Gen mittels Gentechnik zugefügt.
Brot für die Welt und Misereor lehnen diesen Reis ab, weil er mit Gentechnik erzeugt wurde. Statt zu begrüßen, dass damit etwas gegen den Vitaminmangel und die damit einhergehende Kindersterblichkeit getan werden kann, unterstützen sie seit Jahren Kampagnen gegen den Goldenen Reis in Südafrika und Südostasien, vor allem in Bangladesh und den Philippinen. Auf den Philippinen finanziert Misereor seine Partnerorganisation MASIPAG (übersetzt: „Farmer-Scientist Partnership for Agricultural Development“), die 1987 mit Unterstützung von Misereor gegründet wurde, beim „Kampf gegen den Goldenen Reis.“ Der wurde nicht nur vor Gericht ausgefochten, sondern bestand auch in der gezielten Verwüstung und Zerstörung von Anbauflächen und Forschungseinrichtungen.

Der von den beiden Organisationen in Reisanbaugebieten aufgebaute „Widerstand“ wird dann wiederum hierzulande gegenüber der Öffentlichkeit als Beleg dafür ausgegeben, dass die ablehnende Position von Misereor und Brot für die Welt vor Ort breite Unterstützung finden würde.
Indem Misereor und Brot für die Welt Partnerorganisationen finanzieren, die sogar Vandalismus betreiben, tragen sie zu einer Blockierung nachhaltiger Lösungen bei, die Hunger und Armut effektiv bekämpfen würden. Ihre Haltung ignoriert wissenschaftliche Evidenz und führt zu realen Schäden – der Verhinderung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Verlust von Menschenleben.
Fazit
Ein genauer Blick auf Finanzierung und Aktivitäten der kirchlichen Hilfswerke Misereor und Brot für die Welt bietet ein paradoxes Bild: Organisationen, die sich auf moralische Autorität der Kirchen berufen, finanzieren sich zu einem Großteil aus Steuergeldern – über 50 Prozent ihres Budgets stammen aus öffentlichen Kassen, ohne dass der Staat nennenswerte Kontrolle ausübt.
Statt primär humanitäre Hilfe zu leisten, agieren die beiden Organisationen heute wie Greenpeace, ATTAC oder vergleichbare NGOs. Seit Jahren verfolgen sie eine ideologische Agenda, die eng mit Positionen der Linken und Grünen verknüpft ist: Ablehnung moderner Landwirtschaft mit Pflanzenschutzmitteln, Dünger und grüner Gentechnik, Forderungen nach gelenkter Wirtschaft, Umverteilen, Deindustrialisierung und Degrowth.
In der Adventszeit plakatieren sie jetzt wieder und werben für Spenden mit unverdächtigen Slogans wie „Kraft zum Leben schöpfen“ oder „Hier fängt Zukunft an“. Menschen, die wirklich etwas Wirksames gegen Armut und Hunger tun wollen, sollten sich genau überlegen, ob sie Organisationen unterstützen wollen, die ohnehin schon von ihren Steuern finanziert werden und die das Geld für ideologische Kämpfe ausgeben, die letztlich den Ärmsten schaden.