Nuklearia darf keine Umweltvereinigung werden

Veröffentlicht: Mai 14, 2025

Atomaktivisten: Seit Jahren im Clinch mit dem Umweltbundesamt.

Wer in Deutschland als Umweltvereinigung anerkannt ist, darf bei umstrittenen Projekten mitreden – und notfalls vor Gericht ziehen. Doch nicht jede Organisation, die sich auf den Umweltschutz beruft, erhält diese Privilegien. Der Verein Nuklearia e.V., der Kernenergie als Beitrag zum Klimaschutz versteht, kämpft seit Jahren vergeblich um seine Anerkennung durch das Umweltbundesamt und sieht sich dabei durch das Gesetz im Recht. Der Fall wirft grundsätzliche Fragen zur Pluralität im Umweltdiskurs auf.

In Deutschland gibt es (Stand: 7.5.25) 146 vom Bund anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigungen. Wer auf dieser Liste steht, kann mithilfe der Verbandsklage bestimmte Verwaltungsentscheidungen gerichtlich auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen lassen. Mit dabei sind Großverbände wie der BUND, der NABU oder die Deutsche Umwelthilfe, aber auch Kleinvereine mit regionalem Bezug, etwa die „Bürgerinitiative gegen den trassenfernen Ausbau der Bahn in Schaumburg Minden Porta Westfalica e. V.“, die sich gegen den Ausbau der Bahn von und nach Hannover einsetzt oder der Verein Prellbock e.V., der nach eigenen Angaben „für mehr Zugabfahrten ab Hamburg-Altona“ kämpft.

Nicht dazu gehören soll hingegen ein Verein, der sich für den Ausbau der Kernenergie einsetzt, denn das habe mit der Förderung des Umweltschutzgedankens nichts zu tun.

Ende April teilte der Verein Nuklearia e.V., der sich für die Nutzung der Kernenergie in Deutschland einsetzt, dass das Umweltbundesamt ihm nach wie vor die Anerkennung als Umweltvereinigung verweigert. Das UBA begründet seine Ablehnung unter anderem damit, dass der Verein den Umweltschutz mit seinem Eintreten für Kernenergie „nicht ideell“ fördere und dass seine Umweltschutzziele gegenüber anderen Zielsetzungen nicht eindeutig überwiegen würden. 

Zum Hintergrund:

  • 2021 beantragte Nuklearia e.V. beim Umweltbundesamt UBA die Anerkennung als Umweltvereinigung nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG). Mit dieser Anerkennung erhalten die jeweiligen Vereinigungen besondere Beteiligungs- und Klagerechte. Das UBA lehnte den Antrag mit Bescheid vom Dezember 2022 ab.
  • Anfang 2023 legte Nuklearia e.V. daraufhin Widerspruch ein und zog, als dieser Widerspruch im Sommer 2023 zurückgewiesen wurde, vor das Verwaltungsgericht Halle, da es die Ablehnung des UBA rechtlich anfechtet.
  • Anfang 2025 hat das UBA zu der Klageschrift Stellung bezogen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es jedoch nicht erlaubt, diese Stellungnahme öffentlich zu machen. Der Verein erklärte dazu Ende April:

„Unsere Argumentation ist klar: Das UBA darf uns die Anerkennung als Umweltvereinigung nicht allein deswegen verweigern, weil wir – anders als die Behörde – der Ansicht sind, dass die friedliche Nutzung der Kerntechnik einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leisten kann.

Im Gegenteil: Die EU-Richtlinie 2003/35/EG sowie das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) als deutsche Umsetzung dieser Richtlinie wurden gerade deshalb geschaffen, um allen Organisationen, die sich für den Umweltschutz engagieren, die Möglichkeit einzuräumen, an umweltrelevanten Entscheidungen mitzuwirken. Dies gilt insbesondere dann, wenn ihre Position zu Umweltfragen von der Meinung der zuständigen Behörden abweicht.

Die Gesetze sollen ausdrücklich sicherstellen, dass Organisationen mit unterschiedlichen Ansichten und Herangehensweisen in Umweltangelegenheiten gehört und berücksichtigt werden. Vielfältige fachliche Einschätzungen und Perspektiven sollen in Entscheidungsprozesse einfließen.

Unsere vom UBA abweichende Bewertung der Kerntechnik kann deshalb kein Grund sein, unsere Anerkennung abzulehnen. Im Gegenteil, das Anerkennungsverfahren dient dazu, behördliche Entscheidungsträger mit verschiedenen fachlichen Meinungen zu konfrontieren.“

Ludger Weß