Milliarden aus dunklen Kanälen

Veröffentlicht: Mai 17, 2025

An Geld für große NGOs mangelt es nicht. Sehr wohl aber an Transparenz.

Viel wurde in den vergangenen Wochen über die staatliche Finanzierung von NGOs diskutiert. Völlig unbeachtet blieb dabei: Mindestens genauso viel Geld erhalten Aktivisten von schwerreichen Philanthropen auf kaum nachvollziehbaren Wegen.

Kaum jemand spielt den Hohepriester von Moral, Gerechtigkeit und Transparenz konsequenter und überzeugender als international agierende Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Geht es nach ihrem eigenen Narrativ, sind sie vereint in einem vermeintlich großen Ziel: Die Welt soll besser werden. Dafür fordern sie tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen, beeinflussen massiv politische Entscheidungen und prägen mediale wie gesellschaftliche Diskurse.

Viel wurde in den vergangenen Wochen vor allem darüber diskutiert, ob das politische Engagement der unterschiedlichen Lobbygruppen mit der häufig signifikanten staatlichen Unterstützung vereinbar ist, die sie erhalten. Mindestens genauso fragwürdig ist allerdings, wie schwerreiche private Spender diese Gruppen mit Milliardenbeträgen finanzieren. Denn sie tun dies systematisch mit Hilfe schwer durchschaubarer Netzwerke, die Ihnen ermöglichen, anonym zu bleiben und nirgendwo als Spender aufzutauchen. Hinter dem blank polierten Bild der zivilgesellschaftlichen Bewegung verbirgt sich also eine zentrale, meist unbeachtete Frage: Welche privaten Geldgeber finanzieren diese Organisationen – und mit welchen Absichten?

Die unsichtbaren Geldgeber: „Dark Funds“

Ein bedeutender Teil der Finanzmittel, die vor allem Umwelt-NGOs (eNGOs) erhalten, stammt aus sogenannten Dark Funds – komplexe Konstruktionen, die häufig als Stiftungen, Treuhandfonds oder sogenannte Donor-Advised Funds (DAFs) organisiert sind. Gerade DAFs ermöglichen es vermögenden Einzelpersonen und Konzernen, steuerlich begünstigt zu spenden, ohne öffentlich in Erscheinung zu treten. Diese Funds können vom Spender einer bestimmten Kampagne oder einer NGO zugewiesen werden (wobei die Zuweisung offiziell über die Stiftung erfolgt, die das Geld erhält). Die Kontrolle über die Mittel liegt bei Treuhändern, während die Namen der eigentlichen Geldgeber im Verborgenen bleiben. Besonders heikel: Ausgerechnet viele jener NGOs, die regelmäßig Transparenz und Rechenschaft von Unternehmen und Regierungen fordern, entziehen sich selbst jeglicher Offenlegung ihrer Geldquellen.

Netzwerk mit wenig Transparenz: Die EDGE Funders Alliance

Noch schwerer zu durchdringen wird das Finanzgeflecht, wenn sich Dark Funds zu Netzwerken zusammenschließen – wie etwa in der EDGE Funders Alliance. Dieser internationale Zusammenschluss von über 300 Stiftungen und philanthropischen Fonds verfolgt das Ziel eines „Systemwandels“ – häufig im Kontext von Umweltaktivismus, Degrowth, Antikapitalismus und globaler Gerechtigkeit.

Obwohl sich EDGE öffentlich zu Transparenz bekennt, bleibt vollkommen unklar, woher die Gelder der Allianz genau stammen und an welche Initiativen sie fließen. Bekannt ist, dass auch Gruppen unterstützt werden, die offen gegen marktwirtschaftliche und parlamentarische Strukturen agitieren – darunter zum Beispiel Ende Gelände, Extinction Rebellion oder die französischen ZAD (Zone à défendre) Bewegungen, die mit dauerhaften Besetzungen Infrastruktur- oder Industrieprojekte blockieren. So können auch Gruppen, die Straftaten begehen, via EDGE mitfinanziert werden.

Der Aufstieg des Agroecology Fund

Welche massive Wirkung Dark Funds entfalten können, zeigt exemplarisch der Agroecology Fund. 2012 von vier Stiftungen gegründet, verfügte er anfangs nur über begrenzte Mittel. Doch zwischen 2022 und 2023 verdoppelte sich sein Budget, und für 2024 wird von Zusagen über mehr als 100 Millionen US-Dollar berichtet. Ein Großteil dieser neuen Finanzmittel stammt von amerikanischen Tech-Milliardären, wobei das meiste in Lobbykampagnen gegen konventionelle Landwirtschaft fließt. Die genauen Quellen verbleiben im Dunkeln: „Some donors choose to remain anonymous“, heißt es auf der Webseite. Ziel ist die massive und durchaus fragwürdige Umschichtung von Geldern in agrarökologische Projekte und damit eine Bekämpfung der konventionellen Landwirtschaft.

„The Agroecology Fund is unabashedly ambitious. We seek to move massive amounts of money into agroecology.”

(Agrarecology Fund)

Agroecology arbeitet eng mit der Welternährungsorganisation FAO zusammen, die Agrarökologie inzwischen als Schlüssel zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) ansieht. Auffällig dabei: Auch die McKnight Foundation, zugleich Geldgeber des Fonds, ist ebenfalls Kooperationspartner der FAO. Die Nähe zwischen Finanzierung, politischer Agenda und institutioneller Strategie wirft Fragen nach Interessenkonflikten auf.

Die European Climate Foundation: Knotenpunkt diskreter Einflussnahme

In Europa zeigen sich ähnliche Strukturen. Die European Climate Foundation (ECF) ist einer der zentralen Akteure in der NGO-Finanzierung im Bereich Klimapolitik. Sie unterstützt Lobbyarbeit, Medienkampagnen und politische Initiativen. Transparenz allerdings spielt kaum eine Rolle: Klare Angaben zu Empfängern und Förderhöhen gibt es nicht. Ihre letzte Finanzauskunft weist ein Budget für die Förderung und den Betrieb in Höhe von 279 Millionen Euro aus (wobei 276 Mio. von anderen Stiftungen stammen). Während die ECF öffentlich als neutrale Instanz erscheint, bleibt ihre gezielte Einflussnahme weitgehend undurchschaubar. 

Milliarden für Narrative: Wie viel Geld steckt hinter der Bewegung?

Die Gesamtmittel, die über Dark Funds in Umwelt-NGOs fließen, lassen sich nur grob schätzen. Konservative Schätzungen gehen von mindestens 5 bis 10 Milliarden US-Dollar in den vergangenen fünf Jahren aus. Allein der von Amazon-Gründer Jeff Bezos 2020 gegründete Bezos Earth Fund vergab bislang über zwei Milliarden US-Dollar. Das ClimateWorks Network hat über eine Milliarde US-Dollar ausgeschüttet, Hewlett, CIFF und Bloomberg jeweils mehrere hundert Millionen US-Dollar.

Diese Summen schaffen ein erhebliches Ungleichgewicht im gesellschaftlichen Diskurs. Während Industrieverbände gesetzlich zur Offenlegung verpflichtet sind, agieren viele NGOs unter dem Deckmantel der Unabhängigkeit – finanziert von Akteuren mit klar definierter politischer Agenda. Bis heute weckt der Begriff „Zivilgesellschaft“ Bilder von ehrenamtlichem Engagement und basisdemokratischen Initiativen. Doch in der Realität operieren viele NGOs längst wie strategische Kommunikationsagenturen – ausgestattet mit juristischen Abteilungen, professionellen Presseteams und internationalen Netzwerken. Ihr Einfluss auf Medien, Wissenschaft und Gesetzgebung ist enorm – ihre Rechenschaftspflicht jedoch minimal.

Fazit: Ohne Transparenz keine Glaubwürdigkeit

Die Umwelt- und Klimabewegung steht vor einem Dilemma. Wer moralische Autorität beansprucht, muss auch moralisch integer handeln. Dazu gehört die konsequente Offenlegung von Geldflüssen, Interessenkonflikten und institutionellen Abhängigkeiten.

Dark Funds untergraben diese Prinzipien. Sie verzerren Debatten, verschleiern Machtverhältnisse und gefährden das Vertrauen in echte bürgerschaftliche Beteiligung. Für eine demokratische Öffentlichkeit braucht es eine neue Kultur der Aufrichtigkeit – auch und gerade im Namen des „guten Zwecks“.

Wer profitiert von Dark Funds?

Viele bekannte Umwelt-NGOs werden durch Dark Funds unterstützt – entweder direkt oder über Zwischenstiftungen:


  • Agroecology Fund (international aktiv)

    Profil: Finanzierer agro-aktivistischer Gruppen weltweit.
    Geldgeber: Rockefeller, Ford Foundation, Grassroots International.
    Besonderheit: Unterstützt systematische Kampagnen gegen industrielle Landwirtschaft in EU und globalem Süden.

  • Carbon Market Watch (Belgien)

    Profil: Überwachung und Kritik des europäischen Emissionshandels.
    Geldgeber: ECF, Stiftung Mercator, weitere philanthropische Fonds.
    Besonderheit: Einflussreiche Studien zu „Greenwashing“ und Zertifikatsmärkten.

  • ClientEarth (UK/Brüssel)

    Profil: Umweltrechtliche NGO mit Fokus auf strategische Klagen.
    Geldgeber: European Climate Foundation (ECF), Children’s Investment Fund Foundation (CIFF), IKEA Foundation.
    Besonderheit: Betreibt juristischen Aktivismus gegen Staaten und Konzerne im Umweltbereich.

  • Deutsche Umwelthilfe (DUH, Deutschland)

    Profil: Klagen gegen Industrieprojekte, z.B. Autobauer und Infrastrukturvorhaben.
    Geldgeber: Indirekte Unterstützung über ECF-nahe Netzwerke, Projektmittel aus EU-Programmen.
    Besonderheit: Intransparente Drittmittelherkunft wurde mehrfach öffentlich kritisiert.

  • Environmental Defense Fund (EDF, USA mit EU-Aktivitäten)

    Profil: Wissenschaftlich auftretende NGO mit globaler Klimastrategie.
    Geldgeber: Hewlett Foundation, Bloomberg, ClimateWorks Network.
    Besonderheit: Strategischer Partner vieler NGOs und Think Tanks in Europa.

  • Giving Green (USA)

    Profil: „Wissenschaftlich fundierte“ NGO zur Spendeneffizienz im Umweltbereich.
    Geldgeber: Anonyme Spende von 10 Mio. USD über DAF-Struktur, weitere Mittel über Founders Pledge.
    Besonderheit: Empfehlungen lenken große Summen an bestimmte Aktivistenorganisationen.

  • Greenpeace (international, auch stark in Europa)

    Profil: Eine der bekanntesten Umwelt-NGOs, aktiv in globalen Klimakampagnen.
    Geldgeber: Offiziell überwiegend Kleinspender, jedoch Hinweise auf Projektmittel durch Stiftungen wie Open Society Foundation, Oak Foundation und indirekt über DAFs.
    Besonderheit: Tritt als unabhängig auf („Wir nehmen kein Geld von Unternehmen, Parteien oder vom Staat.“), doch Recherchen legen strukturelle Finanzierung durch große Stiftungsnetzwerke nahe.

  • Health and Environment Alliance (HEAL, Brüssel)

    Profil: Politische Arbeit zu Umweltgesundheit (z. B. Glyphosat, PFAS, Pestizide).
    Geldgeber: Rockefeller Brothers Fund, Oak Foundation, ECF, diverse US-Stiftungen.
    Besonderheit: Schnittstelle zwischen Umweltkampagnen und EU-Gesundheitsgesetzgebung.

  • Letzte Generation (Deutschland)

    Profil: ziviler Ungehorsam und medienwirksame Anschläge, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen
    Geldgeber: Aileen Getty, Adam McKay und Abigail Disney sowie das A22-Netzwerk, das vom US-amerikanischen Climate Emergency Fund (CEF) finanziert wird; In Deutschland Unterstützung durch Wandelbündnis e.V., ein Verein, der die Aktivisten der Bewegung unterstützt und ihnen Gehälter von bis zu 1.300 Euro monatlich zahlt.
    Besonderheit: die genaue Verteilung der Mittel innerhalb des Netzwerks ist ebenso wie die Herkunft der Mittel des Wandelbündnisses ist nicht vollständig transparent.

  • Sunrise Movement (USA)

    Profil: Radikale US-Klimabewegung mit Fokus auf zivilen Ungehorsam.
    Geldgeber: New Venture Fund (über Arabella Advisors), Wallace Global Fund.
    Besonderheit: Enger Schulterschluss mit EU-Klimaaktivisten (z. B. Fridays for Future).

  • Transport & Environment (T&E, Brüssel)

    Profil: Lobbyorganisation für nachhaltigen Verkehr und Emissionspolitik in der EU.
    Geldgeber: ECF, Bloomberg Philanthropies, ClimateWorks Foundation.
    Besonderheit: Prägt EU-Politiken zu E-Mobilität, CO₂-Grenzwerten und Luftqualität.

Diese NGOs erhalten dank der Dark Funds meist keine direkten Spenden von Einzelpersonen oder Unternehmen, sondern Zuwendungen über Mittlerorganisationen wie die ECF oder andere Fonds. Die entscheidende Problematik liegt in der verschleierten Herkunft dieser Gelder, die durch sogenannte Donor-Advised Funds (DAFs) nicht mehr öffentlich nachvollziehbar ist.

Ludger Weß