Unvollständige Transparenz

Veröffentlicht: Juni 25, 2025

Reichstagsgebäude von Westen Foto: Matthew Field, http://www.photography.mattfield.com; edit by Waugsberg (rotation 0,4°) GNU Free Documentation License Version 1.2, November 2002

Das seit 2022 bestehende Lobbyregister soll politische Einflussnahme in Deutschland transparenter machen – bleibt jedoch hinter seinem Anspruch zurück. Wichtige Ebenen wie Landes- und Kommunalpolitik werden nicht erfasst, zahlreiche Ausnahmen und unpräzise Angaben untergraben die Aussagekraft. Die Initiative Transparente Demokratie fordert deshalb eine grundlegende Nachbesserung.

Seit 2022 gibt es beim Deutschen Bundestag ein Lobbyregister. Es wurde eingeführt, um für die Öffentlichkeit nachvollziehbar zu machen, wer Einfluss auf die politischen Entscheidungen von Bundestag und Bundesregierung nimmt. Dieses Ziel ist im Grundsatz zu begrüßen, bleibt aber in der konkreten Ausgestaltung hinter dem Anspruch umfassender Transparenz zurück.

Ein wesentliches Problem liegt im beschränkten Anwendungsbereich: Das Gesetz erfasst ausschließlich Kontakte und Interessenvertretung gegenüber dem Bundestag und der Bundesregierung. Einfluss auf politische Entscheidungen auf Landes- oder kommunaler Ebene fällt nicht darunter. Gerade in einem föderal organisierten Staat wie Deutschland ist dies eine erhebliche Lücke, da dort häufig ebenfalls wichtige politische Weichen gestellt werden.

Hinzu kommen gesetzlich festgelegte Ausnahmen, die bestimmte Organisationen von der Registrierungspflicht ausnehmen. Dazu zählen unter anderem Kirchen, Religionsgemeinschaften, bestimmte kulturelle Mittlerorganisationen sowie politische Stiftungen mit institutioneller Förderung. Diese Ausnahmen schränken die Aussagekraft des Registers deutlich ein, da ein Teil politisch relevanter Interessenvertretung weiterhin im Verborgenen bleibt.

Darüber hinaus konzentriert sich das Register nur auf direkte Kontakte zu Abgeordneten oder Regierungsmitgliedern. Formen der Einflussnahme, die über öffentliche Kampagnen, Medienarbeit oder informelle Netzwerke erfolgen, werden nicht erfasst, solange kein nachweisbarer direkter Kontakt besteht. Auch hierdurch entsteht ein Bereich, in dem wesentlicher Einfluss möglich ist, ohne dass er transparent gemacht werden muss.

Hinzu kommt, dass die Angaben im Register sehr allgemein gehalten werden können. Es reicht aus, grob zu umreißen, in welchen Themenfeldern Interessen vertreten werden, ohne detailliert darzulegen, welche konkreten Maßnahmen, Kampagnen oder Strategien tatsächlich eingesetzt werden. Wer sich über die reale Tätigkeit einer Organisation informieren will, stößt daher schnell an Grenzen.

Die Angaben hinsichtlich der "Beschreibung der Tätigkeit sowie Benennung der Interessen- und Vorhabenbereiche" lauten beispielsweise: EU-Gesetzgebung; Arzneimittel; Klimaschutz; Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz; Industriepolitik; Wissenschaft, Forschung und Technologie usw.

Aus Sicht der Initiative Transparente Demokratie wird das Ziel echter Transparenz so nur unzureichend erreicht. Ein wirkungsvolles Register müsste alle Ebenen der politischen Entscheidungsfindung einbeziehen, Ausnahmen eng begrenzen und auch indirekte Einflussnahme sowie die tatsächlichen Tätigkeiten stärker berücksichtigen, um ein möglichst vollständiges Bild davon zu geben, wer die politische Willensbildung in Deutschland prägt.

Hasso Mansfeld